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November 2001 22.11.2001
impressum
Lob für Firmenansiedlung und Rügen für sture Politiker
Schmölln. Auf seiner Jahreshauptversammlung am Dienstagabend im "Reussischen Hof" vergab der Wirtschaftsverein seine diesjährigen "Joker" und
"Schwarzen Peter", mit denen inzwischen zum vierten Mal positive wie negative Leistungen für den Wirtschaftsstandort Altenburger Land gewürdigt
wurden.
Gleich mit drei "Schwarzen Petern" hatte der Verein diesmal die schlechte "politische Hygiene" im Landkreis angeprangert und in diesem
Zusammenhang sowohl den Meuselwitzer Bürgermeister Johannes Matuszewski und den Windischleubaer Bürgermeister Uwe Duske als auch den
Gößnitzer Stadtrat Lutz Becker zu Rücktritten aufgefordert. Gegen beide Bürgermeister sind inzwischen nach umfangreichen Ermittlungen Anklagen
wegen Vorteilsnahme erhoben, das Stadtratsmitglied ist wegen unkorrekter Geschäftspraktiken mehrfach rechtskräftig verurteilt.
Mit dem Aussitzen solcher massiven Vorwürfe würden die Politiker bei den Bürgern einen "unangemessenen Effekt der Gewöhnung" an solche
kriminellen Tatbestände befördern und zugleich nach außen das Image des Kreises beschädigen, sagte Vereinschef Günter Lichtenstein zur
Begründung. "Der Wirtschaftsverein vermisst klare Konsequenzen. Spätestens mit der Anklageerhebung waren die Rücktritte fällig, auch wenn dies
schwere Entscheidungen sind."
Einzig Johannes Matuszewski holte sich seinen "Schwarzen Peter" ab, Duske und Becker waren der Einladung des Wirtschaftsvereins nicht gefolgt.
"Ich muss und werde im Amt bleiben, damit nicht diejenigen triumphieren, die beschlossen haben, mich zu vernichten, weil sie mich nicht gefügig
machen konnten", sagte der kürzlich aus der CDU ausgetretene Meuselwitzer Bürgermeister zu seiner Rechtfertigung. Einige Leute, denen es nach
der Wende in Meuselwitz "ums große Geldverdienen aus dem Säckel der Stadt" gegangen sei, hätten die Stadt und ihn persönlich mit "unzähligen
Zivilklagen und auch Strafanzeigen überzogen." Diesem "geballten Vernichtungsdruck" habe er sich zum Kampf gestellt. Die Meuselwitzer Bürger
würden dies verstehen, sagte Matuszewski.
Den "Joker" vergab der Wirtschaftsverein für die gelungene Ansiedlung des Airbus-Zulieferers KTN in Nobitz an die Wirtschaftsförderer in der Erfurter
Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) und im Altenburger Rathaus. Während sich die Jury über die "Joker-Reife" des Projektes von Anfang an einig
war, sei es schwierig gewesen, konkrete Adressaten für die Auszeichnung zu finden, so Lichtenstein. Die Stadt habe die Ansiedlung aktiv unterstützt,
obwohl sie nicht auf ihrem Territorium lag. Die LEG habe erstmals einen deutlichen Impuls für eine Ansiedlung auf dem so wichtigen Flugplatz-Areal
gegeben, begründet der Vereinschef die Entscheidung und räumte zugleich ein, auch die Gemeinde Nobitz, das Landratsamt oder die Bürgerin, die
den entscheidenden Tipp gab, hätten den "Joker" sicher verdient.
Oberbürgermeister Michael Wolf (SPD) wertete die Ehrung nicht nur als "riesengroße Verpflichtung" für die Stadt, sondern auch als Impuls für die
künftige Zusammenarbeit mit der LEG, mit der man sich in der Vergangenheit nicht selten "gestrubelt" habe. Auch LEG-Abteilungsleiter Wolfgang
Plaasch appellierte, "alte Eifersüchteleien" zu vergessen. "Danke für den Joker, wir kommen wieder", versprach er mit Blick auf bevorstehende weitere
Ansiedlungen im Altenburger Land.
Günter Neumann