© 1992-2011  by JDKel • JDKe@t-online.de impressum Oktober 1921 Interessant ist es, was man im Boten von einer Gastwirtsversammlung erfahren konnte. Der Gastwirtsverein für Meuselwitz und Umgebung hielt im Kaffeehaus „Fürst Bismarck" eine öffentliche Gastwirtsversammlung durch, die stark besucht war. Diese stand im Kampf gegen die Bierpreiserhöhung. Notfalls wollten die Wirte in den Bierstreik treten.  „Scharf trat man mit aller Energie gegen die Diktatur der Brauereien an, die die Gastwirte zwingen, fortgesetzt mir ihrer Kundschaft im Kriege zu leben. An Hand von Zahlen wurde aufgezeigt, dass auch der Gastwirtsstand heute nicht mehr auf Rosen gebettet ist. Von Vertretern der Gewerkschaftskartelle wurde erklärt, dass die Arbeiterschaft den Gastwirten gern ihre Unterstützung in ihrem schweren Kampf zuteil werden lasse, sofern die Gastwirte bestrebt seien, ein bekömmliches und nicht so teures Bier zu beschaffen. Schließlich wurde einstimmig beschlossen, trotz der bereits eingetretenen Bierpreiserhöhung das Drei-Zehntel-Glas Bier weiter mit zwei Mark zu verkaufen. Von den Brauereien soll die Herstellung eines 12-prozentigen Einheitsbieres gefordert werden. Zeigen die Brauereien kein Entgegenkommen, dann soll der Bierstreik mit aller Schärfe aufgenommen werden. Ob es tatsächlich zu einem solchen Streik gekommen war, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Doch war die allgemeine Preiserhöhung damals nichts Neues, erfolgte doch etwas später die Inflation. Auch die Bahn stellte eine 30%ige Preissteigerung in Aussicht. Die neuen Einheitssätze betrugen pro km in der 4. Klasse 17 Pfg., in der 3. Klasse 26 Pfg., in der z. Klasse 43 Pfg. und in der 1. Klasse 77 Pfg. Ebenfalls stand eine Erhöhung der Tabaksteuer bevor. Noch bot man zu alten Billigpreisen Zigarren von 35 Pfg. bis 3 Mark pro Stück an. In der Gegenwart erleben wir ja auch noch so manche unliebsamen Preiserhöhungen.  Ein weiterer Bericht beschäftigt sich mit dem Herbstjahrmarkt in der Schnauderstadt: „Der Markt brachte erneut den erwarteten Massenbesuch. In der zweiten Nachmittagsstunde setzte die bekannte Völkerwanderung ein, alle Zugangsstraßen von auswärts waren dicht bevölkert mit Menschen, die nur das eine Ziel, den Meuselwitzer Jahrmarkt, hatten. In den Nachmittagsstunden herrschte ein so allgemeines, lebhaftes Gedränge, dass kaum durchzukommen war. Seine Signatur erhielt der Jahrmarkt diesmal aber durch die große Zahl der Glücksbuden und der verschiedenen Wahrsager und Zukunftsdeuter, die starken Zuspruch hatten. Auch ein Zeichen unserer Zeit! Den meisten Verkehr hatten die Gastwirtschaften. Es ging da zeitwillig zu wie im Ameisenhaufen: heraus und hinein. Das junge Volk amüsierte sich in den Tanzsälen." Ganz so ein Betrieb hat man heute nicht mehr. Sicherlich würden sich die Gastwirte über den hier geschilderten Andrang riesig freuen. In Schnauderhainichen fand in Thölens Gasthaus ein Oktoberfest statt, wo neben flotter Musik ein großes Schweineschlachten angeboten wurde. Als Spezialität galt ein Genickbraten mit Klößen. Auch im „Weinberg" gab es zu feiern. Hier empfahl der Wirt Katerbow ff. Biere, frischen Kuchen und Röthaer Obstwein. Tanz bei feenhafter Illumination wurde im Saal durchgeführt. Karl Hahn vom Neumarkt bot seinen Kunden feinste Würstchen an, die die Bezeichnung Britzer Knoublinchen trugen. Schließlich konnte man im Boten von einem Ankauf alter Goldmünzen hören. Man bot 240 Mark für ein 10-Mark Stück und 480 für eine 20-Mark Münze. Gut waren wohl nur die beraten, die in dieser unsicheren Zeit ihr Gold nicht aus den Händen gaben. Auch jetzt gibt es wieder Sammlermünzen in Gold für 100 Euro und 200 Euro. Doch sind diese so begehrt, dass man unter den Vorbestellern verlosen muss, denn die Limitierung lässt keinen anderen Ausweg zu. Was einst in alten Zeiten ist passiert, das hat zitiert und kommentiert Hans Klingner vom Heimatverein